
von Monteriggioni ging's über die Landstraßen über „Badesse“ in Richtung „Castelina in Chianti“ und „Radda in Chianti“ in das für uns unbekannte „Volpaia“. In keinem unserer zwei Reiseführer, die wir vor dem Urlaub neu angeschafft hatten, wurde Volpaia mit einem einzigen Wort erwähnt. Nur auf der großen Toskana Karte konnten wir den im 12. Jahrhundert erstmalig erwähnten Ort finden und die Richtung dort hin in etwa bestimmen. Nach dem wir „Radda“ durchquert hatten, wurde in Richtung Panzano an der nächsten Kreuzung Volpaia ausgewiesen. Die Fahrt ging durch hügelige, bewaldete Gegenden und überraschend gute Strassen. In einer engen Abzweigung die ich zuerst verpasste, ging's dann weiter nach Volpaia und es wurde immer steiler. An immer mehr Weinfelder kamen wir vorbei bis endlich ein kleines Dorf auf einem Berg auftauchte. Am Ortsanfang wurde bereits der Parkplatz ausgeschildert, das hatten wir hier nicht erwartet. Das Auto sicher abgestellt und wir machten uns vorbei an einigen Feigenbäumen hinauf zum Ortskern Volpaia´s. Zuerst fiel direkt das sehr schön gelegene Restaurant La Bottega mit Panorama-Terrasse auf, direkt neben der Kirche Madonna di San Biagio. Einige andere Touristen schlenderten über einen kleinen Platz auf dem gerade ein roter Lieferwagen eines Paketdienstes mit kochenden Kühler hielt, um Päckchen auszuliefern. Unter dem Wagen lief dampfendes Kühlwasser die abfallende Straße herunter. Der Fahrer hatte dies zuerst cool ignoriert, musste aber wenig später telefonieren und seine Zentrale um ein Ersatzfahrzeug zu bitten. Wir gingen weiter und umrundeten erst mal das Castello di Volpaia bis wir durch enge Gassen kamen, die gefühlt zu eng für jeglichen Straßenverkehr schienen. Mehrfach kam ein kleiner Lamborghini-Trecker mit Hänger vorbei um Weintrauben in die Kellerei zu bringen. An einem Gebäude mit Fenster zur Straße konnten wir eine stillstehende Abfüllanlage sehen. Auf der „Via Dei Poggi“, die uns wie wieder nach unten führte, kamen auch immer wieder offensichtlich Touristen im Mietwagen entgegen, die nach ein paar Minuten wieder zurück kamen und nach dem Parkplatz fragten. Die Parkplatzschilder und die „Zona Limitare“ Schilder waren sicher so schlecht zusehen, das der Mietwagen von alleine ins Ortsinnere fand. In den Gassen war es so herrlich leer, um Fotos von den alten renovierten Natursteinhäusern zu machen. Das haben wir in der Toskana selten erlebt. Am einer heute geschlossen Osteria vorbei kamen wir wieder an den Platz auf dem der Lieferwagen stand, dort war auch die Bar Ucci die wir vorher noch nicht so richtig bemerkt hatten. Ucci wird im italienischen fast wie Uschi ausgesprochen. Ein Gag am Rande war dann sofort klar, das war Uschis Bar in der Toskana. Ein zweiter roter Lieferwagen gesellte sich zu dem nun defekten Fahrzeug und mit dem zweiten Fahrer wurden dann alle Pakete und Palletten entladen und genauso wieder in das neue Ersatzauto eingeladen. Es war jetzt Mittagszeit um in die Bar Ucci einzukehren. Freundlich wurden wir an den letzten freien Tisch auf der Terrasse geführt. Auf der Frontseite der Speisekarte lachte uns ein altes Schwarzweiß Bild von vier Mädchen entgegen. Wir rieten wer von dem Foto uns heute bediente. Als die Bedienung unsere Bestellung aufnahm zeigt diese auf eins der kleinen Mädchen und meinte lautstark im Spaß “das war gestern“. Paola, wie die Bedienung hieß, war uns bereits durch Ihre lautstarke und fröhliche Art aufgefallen als Sie immer wieder Ihr Bekannte quer über den kleinen Platz grüßte. Ich wollte ein Glas des Chianti Classico di Volpaia probieren und die zwei bestellten sich jeweils Aperol Spritz und eine Flasche Aqua Minerale. Als kleinen Snack bestellte ich Bruschetta Mista, Irene den Prosciutto e Melone und Uschi einen kleine Käseauswahl mit Feigensenf und einem hausgemachten süßen Paprikasenf. Die Portionen fielen groß aus, die angegebenen Preise war ebenfalls überraschend niedrig. Hier war das üblich hohe Preisniveau der Toskana wohl noch unbekannt. Meine Mista Bruschette entpuppte sich als eine Auswahl von 5 großen gerösteten Brotscheiben mit verschiedenen toskanischen Aufstrichen der leckersten Art, es mundete. Auch die Größe der Portionen von Irene und Uschi enttäuschten nicht, auch der Geschmack und wie die Gerichte angerichtet waren entsprach dem Standard der freundlichen Bar Ucci in Volpaia. Auch der Chianti Classico schmeckte mir ausgezeichnet. Nachdem beide Frauen daran nippten, mussten Sie sich später auch jeweils ein Glas bestellen. Zum Schluss rundete ein guter Espresso, also ein Caffe´, den Gesamteindruck positiv ab. Die Rechnung fiel nun wie erwartet niedrig aus, wir hätten auch ohne zu murren mehr bezahlt, denn die Leistung der Bar Ucci wäre das wert. Irene konnte in der Bar schöne Fotos machen und kam mit Paola ins Gespräch, nun wusste Sie das es sich um ein Familienbetrieb handelte in der alle der vier Mädchen vom Frontbild der Speisekarte arbeiteten. Außerdem bekam Irene noch eine Postkarte vom gleichen Bild der vier. Ein englisches Buch eines amerikanischen Professor als Tourist, lag zur Ansicht aus. Irene kaufte sich dieses. In dem Buch wurden vier Wochen in Volpaia beschrieben, als Mittelpunkt der Geschichte die Bar Ucci und die Menschen in Volpaia. Zufrieden und gestärkt machen wir uns dann auf den kurzen Weg zum Auto, offen sollte die Weiterfahrt gehen. Die Straße ging erst mal zurück bis zur letzten Kreuzung, dann weiter übergeschwunge Landstraßen nach Panzano, das wir wie auch anschließend Greve in Chianti nur durchfuhren. Zwischendurch immer wieder herrlich „toskanische“ Ausblicke, Oliven-Haine und Chianti-Weinfelder. Irene bat des Öfteren um einen Halt um Fotos machen zu können, fotografierte aber auch aus dem fahrenden Auto heraus. Hinter „Greve in Chianti“ drehten wir, um den Rückweg anzutreten und die Landschaft aus der anderen Sicht bei beginnender Abendsonne zu sehen. In der Fattoria zurück, hatte ich die Idee mit Prasad, den jungen Vater aus Sri Lanka, eine kleine Runde im BMW zufahren. Auf dem Weg zum Auto kam ich an der Ferienwohnung „Frantoio“ der Olmühle, vorbei. Dort saß das ältere Ehepaar aus Miesbach und Sie schaute nur mich etwas verachtend an, als ich an “Ihrer Aussicht auf Monteriggioni“ vorbei ging. Die Dame aus angeblich München bemerkte, das Sie demnächst Maut kassieren wolle. Ich verstand das zuerst als Spaß und begegnete Ihr nur mit den Worten “Ich hab doch eine Vignette“. Miesbach liegt etwa 48 km südlich von München, also fast die Entfernung Köln-Düsseldorf, und da liegen ja bekanntlich Welten dazwischen.
Wir fuhren los und unterwegs versucht ich Prasad die Leistungsdaten auf Englisch mitzuteilen, aber über 250 Diesel PS und die satte Straßenlage ließen eigene überzeugende Worte sprechen. Dementsprechend war er, Fahrer eines weißen Fiat Ducato Lieferwagens, beeindruckt. Hinter Strove dreht ich nach etwa 10 km wieder um und hielt mitten in den Weinfeldern in schönstem Abendlicht neben der asphaltierten Strasse an. Nun durfte ich Prasad mit seinen Mobiltelefon in allen nur möglichen Posen vor dem Auto und hinter dem Steuer fotografieren, im Hintergrund Weinfelder und Berge der Toskana . Auf gleichen Wege fuhren wir zurück ohne das ich in den Ortschaften zu schnell gefahren wäre. Nur außerhalb ging der Drehzahlmesser mal in die Höhe, trotzdem war ich vorsichtig unterwegs gewesen. Bereits bei der Auffahrt hoch zur Fattoria erwartet uns Irene und machte Fotos. Ich hielt an und setzte den silbernen BMW so in Position um Fotos mit Monteriggioni im Hintergrund machen zu können. Genau in diesem Moment knallte und schepperte es unten an der Kreuzung nach Monteriggioni. Keine 2 Minuten vorher sind wir dort noch sicher vorbeigefahren und jetzt standen 2 verbeulte Autos auf mit hoffentlich nicht verletzten Fahrern auf der Straße. Fotos von geschlossenen BMW mussten dann auch noch gemacht werden.
Uschi hatte sich das Mountainbike von Prasad im kurzen Tausch ausgeliehen und war die steile Betonauffahrt hinter uns nach unten gefahren. Unten angekommen versuchte Sie im falschen Gang nach oben zurück zu radeln, aber musste den roten Radesel hochschieben. Auch im kleinsten Gang war der Berg mit dem Mountainbike kaum zu schaffen. Der BMW wurde eingeparkt und beim Gang zur Fattoria hörte ich schon aus der Entfernung das die Miesbacherin meckerte „ Da kommet der schon wieder“, ich bog dann rechtzeitig vor dem ersten Gebäude ab und beachtete die Miesmacher nicht mehr. Am Abend, als Uschi und Irene sich am Pool sonnten, kam eine junge Holländerin auf einem vollbepackten Tourenrad an und fragte Fiorella in der Küche im fast perfekten Italienisch, ob sie eine Nacht mit Ihrem Zelt auf dem Gelände übernachten dürfe. Sie verneinte erst mal, Prasad versuchte zu vermitteln und meinte zu Ihr das Sie mal warten solle bis der „Patrone“ Luciano käme. Bis dahin durfte Sie auch Ihre Wasserflasche auffüllen. Da die Fattoria am Pilgerweg nach Rom, dem „Frankenweg, Via Francigena“ liegt, kommt es sicher oft vor das Pilger auf dem Weg nach Rom hier einkehren und um Unterkunft und Verpflegung bitten. Die junge Frau war vor Monaten in Holland gestartet auf einer persönlichen Pilgerfahrt nach Rom. 10 kg hatte die zu grossbebrillte und unvorteilhaft gekleidete Radpilgerin bereits unterwegs verloren. Luciano kam dann und entschied sofort das Sie in der steinernen Grillhütte Ihr Zelt aufschlagen dürfe. Der harte Steinboden ließ ein Einschlagen der Zeltheringe natürlich nicht zu, sodass sie vor der Bank mit Aussicht auf Monterriggioni ihr kleines Zelt auf dem Rasen aufbaute. Genau vor der Aussicht der Miesbacherin, eigentlich war Ihr Ehemann immer nur still gewesen, nun wurde er sein zweites mal gestraft. Irene fand den Mut der Radlerin beachtlich, auch Uschi und ich befanden diese übermenschliche und enorme Herausforderung an sich klasse. Später fotografierte Irene die junge Frau vor dem Panorama von Monteriggioni und versprach Ihr die Bilder per Mail zu senden.
Um halb Acht war heute wieder das nun fast schon obligatorischen Abendessen bei oder besser, mit Fiorella angesagt. Heute sollten auch das Ehepaar aus Miesbach und Ihr befreundetes Ehepaar aus Herne oder Recklinghausen teilnehmen. Wieder zauberte Fiorella uns ein Menü das alles andere vergessen ließ. Zum Hauswein, ein Sangiovese, und Wasser wurde zur Vorspeise toskanischer Rohschinken, Datteltomaten mit Mini-Mozzarella auf kleinen Spießen und gegrillten Auberginen. Der „secondi piatti“ in Form von Spiralnudeln in frischer, und sehr leckerer hausgemachter Tomatensoße und frisch geriebenen Parmigiano schmeckte jedem ausnahmslos. Zahlreiche toskanische, panierte und frittierte Fleischbällchen mit Parmesan und kleine Kalbfleischröllchen mit Schinken und Salbei bildeten die Hauptspeise, dem „Primi Piati“. Das Obst, das zum Nachtisch gereicht wurde, kam aber nicht an die „Torta ala Nonna“ heran, dem Kuchen der Oma. Ein flacher, leckerer und knusprig gebackener Kuchen mit Vanillecremefüllung mit Pinien und Mandeln als Dekoration obenauf. Wieder wurde die Nachspeise mit „Vin Santo“ und anderen selbstgemachten Likören gekrönt. Um Zehn suchten wir nach dem „Buona Notte“ unser Ferienwohnung “La Corte“ auf, was übersetzt der Hof bedeutet. Für einen Schlaftrunk hatten wir noch Zeit und auch Platz im Magen, aber lange wurde es nicht bis wir erneut müde und zufrieden die Betten aufsuchten.
In der Nacht war ich öfters wach geworden, eine Eule machte sich lautstark bemerkbar, die Radpilgerin an mehreren Hustenanfällen litt und auch mit der „bescheuerten“ Katze zu kämpfen hatte. Irene hatte die schwarz-weiße Katze „Flummi“ genannt. Trotz Abweisung, Androhung von Schlägen und verscheuchen kam diese immer wieder, wie ein Gummiball der an die Wand geworfen wurde, immer wieder zurück. Selbst auf laute Geräusche reagierte Sie nicht. Erst auf eine extra angeschaffte Blumenspritze reagierte die Junge und laut der Holländerin bereits schwangere kleine, beißende und kratzende Katze endlich. Später reichte bereits das zeigen und hochhalten der Blumenspritze .